Arbeitgeberattraktivität

Arbeitgeberattraktivität, ist das wirklich…

… so umwerfend neu?

Nun – genaugenommen nicht. Denn als zum Beispiel die Firma Ford in den 1960er Jahren ins Saarland kam, fand der Autobauer einen sehr angespannten  Arbeitsmarkt vor – entsprechend mühsam war es, ausreichend Arbeitskräfte für das neue Werk zu gewinnen.

Die Frage lautete also: „Was müssen wir tun, um die benötigte Zahl an Arbeitskräften zu finden?“ Die logische Antwort. „Wir müssen uns als Arbeitgeber von den im Umkreis ansässigen Unternehmen abheben, wir müssen attraktiver sein als die!“ Gesagt, getan – und das war damals sogar relativ einfach, denn die Abgrenzung konnte über, zum Teil nur geringfügig, höhere Lohnzahlungen erreicht werden. Diese höheren Lohnzahlungen reichten aus, um einen regelrechten Mitarbeitersog in Richtung Saarlouis zu erzielen. Das ging natürlich nicht ohne Missgunst aus. Ich erinnere mich noch einen Spruch, der damals kursierte. Er lautete: „Was damals waren die Friseure, sind heut bei Ford die Ingenieure“! Wir sehen, mit der Arbeitgeberattraktivität mussten sich Unternehmen irgendwie schon immer  auseinandersetzen.

Arbeitgeberattraktivität – viel mehr als nur ein hohes Gehalt.

Heute, in Zeiten von Arbeitskräftemangel, demographischem Knick und auch Überakademisierung ist es allerdings mit höheren Löhnen allein nicht mehr getan. Das Thema Arbeitgeberattraktivität ist komplexer und mehrstufiger geworden. Trotzdem hat es den Anschein, dass viele Unternehmen auf der Gehaltsschiene stehen geblieben sind und meinen, mit Hilfe astronomischer Gehaltszahlungen am Arbeitsmarkt bestehen zu können. Oder sie verwenden viel  Energie darauf, sich mit Begriffen wie „new work“, „employer branding“ oder gar „deep-employer branding“ auseinanderzusetzen. Dieses englischsprachige  Modezeugs überschwemmt unsere Wahrnehmung zurzeit in ungebremster Intensität.

Und es verheißt den Weg zum attraktivsten  Arbeitgeber aller Zeiten, einem Arbeitgeber, der dann auf dem Arbeitsmarkt garantiert die Nase vorn hat. Man muss das Ganze nur verstehen, und man muss dabei ziemlich fix sein, denn ehman sich versieht gibts schon wieder was neues, was noch besseres, vielleicht so was wie „mega deep-employer branding?nur verstehe

Aber Hand aufs Herz: Ist das wirklich spannend und zweckdienlich?

Oder ist es viel spannender und zweckdienlicher, das eigene Gehirn  in Gebrauch zu nehmen. So richtig selbstbestimmt, ohne App, Influencer oder Life Coach. Und dann einfach mal überlegen: „Warum soll ein Jobsuchender ausgerechnet in meinem Unternehmen arbeiten wollen“. Wenn uns dabei wenig oder gar keine Gründe einfallen, wird es höchste Zeit, welche zu schaffen. Dazu braucht man nicht besonders viel, ein wenig nachdenken, ein wenig kreativ sein, ein wenig alte Zöpfe abschneiden und über den eigenen Schatten springen  – und man braucht auch keine englischen Sprachkenntnisse, geht nämlich alles auf Deutsch.

Also man nehme ein wenig Selbstreflexion, Realismus und Empathie und schon hat man die notwendigen Werkzeuge zur Gestaltung der eigenen Arbeitgeberattraktivität zusammen.

Zugegeben, die Attraktivität des eigenen Unternehmens herauszuarbeiten, sich diese selbst bewusst zu machen, mit den Wettbewerbern zu vergleichen und im Rahmen der Möglichkeiten zu optimieren, ist schon eine ordentliche Herausforderung – in den meisten Fällen aber zu schaffen. Um ein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber am Arbeitsplatz zu positionieren, sollten die folgenden Attraktivitätskriterien erfüllt sein. Und zwar in echt nicht im Bereich des ausgeleierten Modegebrabbels – richtige Arbeit also. Wenn man dann so weit ist, wird das Ganze mit Hilfe einer gutgemachten Karriereseite kommuniziert.

Kleine Denkhilfe: Um am Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, müssen aktuell folgende Aspekte wahrnehmbar (erlebbar) sein:

  • Ermutigendes, angenehmes  Arbeitsklima – enorm wichtig. Entsteht durch transparente,
    nachvollziehbare Ziele, das Fördern von Ideen und  konsequente Durchführung von Teambildungsmaßnahen.
  • Vernünftige Kommunikation – anstrengend, aber gar nicht so schwer. Feedback, Lob und auch Tadel, auch hier Transparenz
  • Faires Gehalt, also eine Entlohnung, die für den Mitarbeitenden zufriedenstellend ist – also am Markt orientieren, nicht den höchsten Lohn bieten, sondern ruhig auch mal über Boni und Zusatzleistungen nachdenken.
  • Sicherer Arbeitsplatz – in unseren aktuell eher unsicheren Zeiten wieder ganz wichtig. Ein sicheres Unternehmen ist finanzkräftig, deshalb über Zahlen sprechen, die Unternehmensplanung transparent gestalten, wahrnehmbare Wertschätzung
  • Freiräume – Mitarbeiter wollen eigene Entscheidungen treffen und sich dabei sicher fühlen können. Dafür müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, selbstständiges, verantwortliches Handeln fördern und Hilfestellung anbieten.
  • Work-Life-Balance – also ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeits- und Privatleben. Früher eher nicht, heute für viele eine Grundvoraussetzung. Die Aufgabe: Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, Möglichkeiten für Home-Office schaffen, Arbeitsbelastung überprüfen.
  • Aus- und Weiterbildungen. Immer wichtig, deshalb Weiterbildungsangebot kommunizieren, bei der Suche nach der passenden Schulung helfen, Schulungen sind unbedingt Arbeitszeit.
  • Aufstiegschancen – Mitarbeiter wollen meistens Karriere machen. Deshalb angemessene Aufstiegschancen bieten, Talente fördern, keine leeren Versprechungen machen, sondern klare Kriterien für den Aufstieg festlegen.

 

Das Erfüllen dieser Kriterien bedeutet richtig Arbeit und die fängt jetzt an am besten ganz bodenständig. Man stellt das Unternehmen und seine Belegschaft ehrlich und authentisch auf einer Karriereseite im Internet dar. Dadurch bietet man potenziellen Mitarbeitern einen ehrlichen Blick hinter die Kulissen seines künftigen Arbeitgebers und schafft Vertrauen. Parallel dazu sorgt man dafür, dass die definierten Ziele der eigenen Arbeitgeberattraktivität erreicht und gelebt werden.

Das ist alles andere als „new work“ – eher „old work“. Aber gut gemacht, kann das Ganze ziemlich erfolgversprechend sein.